Akute Fieberzustände

Akute Fieberzustände

von Michael Kraft, F Beinheim

Heilmittel für akute fieberhafte Zustände

In der Homöopathie erlaubt die klinische Diagnose allein nicht, das Heilmit­tel zu wählen.

Die Diagnose: Bronchitis, Zystitis, Azetonämie oder Fieber z.B. reicht nicht aus, ein homöopathisches Medikament zu verschreiben.
Dem Anfänger in der Homöopathie wird dies merkwürdig vorkommen. Durch unsere Ausbildung an der Universität haben wir uns so sehr daran gewöhnt, uns hei der Wahl der Therapie ganz auf die anatomisch-pathologische Dia­gnose zu stützen. So ist auch in der heutigen Medizin die Heilungsmöglich­keit in der Tat in großem Maße von der Sicherheit der Diagnose abhängig.
Der Homöopath aber muss sich von dieser Denkweise lösen. Sicher ist die Krankheitsdiagnose auch für ihn von Interesse. Mit ihrer Hilfe kann er den Verlauf der Krankheit einschätzen und eine Prognose stellen. Für die Wahl des heilenden Arzneimittels hat sie aber kaum eine Bedeutung. Ihn interes­siert das pathologische Detail, die lokale Veränderung, nur am Rande.

Die Auswirkung der Krankheit auf den gesamten Organismus steht für ihn im Vordergrund.

Der Homöopath möchte die geschwächte Abwehrkraft des Or­ganismus fördern und stärken und einzelne nicht störende Krankheitssym­ptome beseitigen.
Durch den Reiz des homöopathischen Arzneimittels wird der kranke Körper also darin trainiert, mit der Krankheit selbst fertig zu wer­den. Jeder Patient macht eine Krankheit auf eine ganz individuelle, ihm eigene Art und Weise durch. Der Homöopath beobachtet genau, wie der Organismus auf den krankmachenden Einfluss reagiert, und wählt danach die passende Arznei.

Es gibt folglich kein allgemein anwendbares Mittel gegen Grippe, Schmerzen, Husten oder Fieber. Wenn ich Ihnen nun eine kleine Auswahl von Arzneimitteln vorstelle, die bei einem akuten, fieberhaften Zustand - der Name der Krankheit spielt hier keine Rolle - in Frage kommen könnten, so nur, um Ihnen an einem Beispiel zu zeigen, wie der Homöopath nach dem Ähnlichkeitsgesetz die Symptome des Mittels mit denen des Kranken in Be­ziehung setzt. Erst, wenn sich die Gesamtheit der Krankheitssymptome mit den Symptomen des Heilmittels decken, ist das Heilmittel voll wirksam.

Für die ersten drei Arzneimittel, die ich besprechen möchte: Aconitum, Bel­ladonna und Ferrum phosphoricum - sind plötzlich auftretende, heftige Krankheitszustände typisch.
Nun kann man aber nicht, wie in der Schulme­dizin, entweder das eine oder das andere Mittel verschreiben.
Man muss beim Patienten auch die anderen Symptome erforschen, besonders jene Sympto­me, durch die sich die Heilmittel voneinander unterscheiden.

Typ und Gemütsverfassung

Der Kranke, der Aconitum benötigt. ist schrecklich unruhig und ängstlich. Besonders nachts kann er ganz unbegründete, unerklärliche Angstzustände haben. Beim Menschen kann das so weit gehen. dass er im akuten Krankheits­fall Todesängste entwickelt.

Belladonna-Patienten dagegen benehmen sich eher heftig und impulsiv. Sie leiden unter wilden Halluzinationen, schlagen, beißen um sich und sind ge­walttätig. Dabei sind sie äußerst empfindlich: sie können leichte Berührung, Erschütterung, kalte Luft oder Geräusche kaum ertragen.

Beim Ferrum phosphoricum-Patienten handelt es sich nicht, wie bei Aconi­tum und Belladonna, um einen kräftigen, robusten Typ. Er ist schwächlich, blass und sehr sensibel.
Aus seiner Schwäche heraus ist er sensibel, gereizt und unruhig.
Wir finden bei einem solchen Patienten niemals diese heftigen, ‘vulkanartig“ ausbrechenden Symptome von Aconitum und Belladonna.

Typisch für Aconitum ist also die Unruhe.
Es gehört mit Arsen und Rhus to­xicodendron zu den “unruhigsten“ Mitteln der Arzneimittellehre.
Für Bella­donna ist das wilde Delirium charakteristisch.
Mit Hyoscyamus und Stra­monium gehört es zu den führenden Deliriummitteln. Daneben wird es auch als Kopfmittel bezeichnet, weil alles Blut in den Kopf zu schießen scheint. Beim Menschen ist der Kopf folglich dunkelrot und heiß, während der übrige Körper eher kalt ist.
Die Karotiden klopfen sichtbar.
Die Gemütssymptome von Ferrum phosphoricum sind nicht so ausgesprochen.


Ursache, die die Krankheit ausgelöst hat (Causa):

Aconitum kommt dann typischerweise in Frage, wenn die Krankheit durch einen kalten Tag mit Nord- oder Ostwind, durch trockene Kälte also, ent­steht, oder nachdem der Patient kalter Zugluft ausgesetzt war. Das Fieber tritt plötzlich, spätestens aber 1 Tag nach Einwirkung dieser Einflüsse auf.

Belladonna kommt eher dann in Frage, wenn der Patient rauer, trockener Kälte ausgesetzt war oder der Kopf nass und kalt geworden ist (typisch ist ei­ne Erkältung nach dem Haare schneiden. Bei Schafen, Hunden und Pferden, die frisch geschoren wurden, einmal darauf achten!). Daneben sind Krank­heitszustände, die sich bei schönem Wetter oder durch Sonneneinwirkung entwickelt haben, eher typischer für Belladonna als für Aconitum.

Bei Fer­rum phosphoricum kann auch kalte Luft der Auslöser der Krankheit sein.

Fiebersymptome

Bei Aconitum finden wir eine trockene Hitze verbunden mit starkem Durst nach großen Wassermengen. Die Haut ist rot und heiß, brennend. Das Fieber tritt abends auf oder ist abends und gegen Mitternacht am höchsten. Die ängstliche Unruhe dabei wurde schon beschrieben.

Belladonna hat im Unter­schied zu Aconitum während der Fieberhitze meist keinen Durst (normaler­weise erwartet man in der Fieberhitze Durst). Das Blut schießt in den Kopf. Dieser ist dunkelrot, heiß und die Karotiden pulsieren und klopfen sichtbar. Der Körper dagegen ist kalt. Während oder nach der Hitze ist der Patient schweißgebadet. Der Fieberverlauf ist immer intermittierend mit steilen, un­regelmäßigen Zacken. Das Fieber ist nachmittags am höchsten. Im heftigen Delirium sind die Augen glänzend rot und die Pupillen erweitert.

Das Fieber von Ferrum phosphoricum ähnelt wohl am ehesten dem von Aco­nitum. Die Unruhe und Angst sind nicht so ausgeprägt. Während im Froststa­dium Durst vorherrscht, kann er im trockenem Hitzestadium fehlen. Der Kranke ist blass (beim Menschen ist eine Blässe mit roten Wangen typisch). Entsprechend der vorherrschenden Schwäche des Patienten ist der Puls schwach, weich und rasch, nicht voll und gespannt wie bei Aconitum. Bei der kleinsten Anstrengung geraten die Patienten in Atemnot, und die Krank­heitszustände sind oft von gastrischen Störungen, von Übelkeit und Erbre­chen. begleitet.


Bryonia, Gelsemium

Nun zu den Mitteln, welche ich bis jetzt unberücksichtigt gelassen habe, Gelsemium und Bryonia.
Bei diesen Mitteln entwickeln sich die Krankheits­zustände immer langsam.

Der Patient, für den Gelsemium in Frage kommt, ist übernervös, erregbar und schwach. Er zittert vor Schwäche. Dieses Sym­ptom ist so ausgeprägt, dass Gelsemium auch “Zittermitte!“ genannt wird. Die Schwäche erinnert uns an Ferrum phosphoricum.

Der Bryonia-Patient dagegen hat an sich eine robuste, kräftige Konstitution (wie Aconitum und Belladonna).

Beide, Gelsemiurn und Bryonia, sind apathisch, haben einen stumpfsinnigen Ausdruck und möchten in Ruhe gelassen werden.

Der Kran­ke, der Gelsemiurn benötigt, ist träge, schläfrig und zittrig. Er ist vor Schwä­che wie gelähmt: die Beine sind “wie Watte‘, die Augenlider sinken herab, die Zunge ist schwer und das Schlucken fällt ihm schwer.

Der Bryonia-Pa­tient dagegen ist sehr reizbar, ärgerlich und mürrisch und braust bei der ge­ringsten Störung auf. Jede Bewegung oder Erschütterung verschlechtert den Zustand des Patienten und seine Schmerzen. Dies ist das auffälligste Sym­ptom von Bryonia überhaupt. Starker Druck dagegen lindert die Schmerzen, weil dadurch Bewegung verhindert wird. Der Patient liegt daher auch gern auf der kranken, schmerzhaften Seite.

Während bei den bisher besprochenen Mitteln (Aconitum, Belladonna, Fer­rum phosphoricum) die Krankheitszustände vorwiegend durch trockene Kälte ausgelöst werden, sind bei Gelsemium und Bryonia meist warme Witterungs­einflüsse verantwortlich (bei Gelsemium eher feuchte Wärme, Föhn. Nebel).
Aber auch Gemütserregungen, wie plötzliche Erregung und Schreck (Gelsemi­um und Aconitum) oder Ärger (Bryonia) können die Krankheit auslösen.

Die Fiebersymptome von Gelsemium sind denen von Belladonna ähnlich.

Wir finden auch hier die Durstlosigkeit, die heißen Schweiße. das intermit­tierende Fieber mit Fieberspitzen am Nachmittag und die erweiterten Pupil­len (bei mangelndem Durst während des Fiebers muss man vor allem an Apis, Gelsemium, Ferrum phosphoricum und Belladonna denken).

Der Verlauf des Fiebers ist aber niemals so stürmisch wie bei Belladonna.

Der Patient ist im Gegenteil sehr erschöpft und zittert vor Schwäche. Durch Schwitzen oder Ausscheidung großer Urinmengen fühlt sich der Patient wohler.

Das Fieber von Bryonia kommt dem von Belladonna sehr nahe.

Auch hier verlangt der Patient oft nach großen Mengen kalten Wassers: der Puls ist voll, hart und gespannt wie der von Aconitum. Abweichend von Aconitum können die Fieberspitzen auch am Nachmittag vorkommen (wie bei Gelsemium), und es können reichliche, warme, scharf riechende Schweiße auftre­ten (ebenfalls Gelsemium). 

THERAPIE:

2 x 10 Globuli C 30  im Abstand von 1 Stunde. Gegebenenfalls, am darauf folgenden Tag mit einer C 200, 10 Globuli einmalig wiederholen!

Ihr Michael Kraft