Die 2.Verordnung

Die 2.Verordnung

Von Michael Kraft, F 67930 Beinheim

Die 2. Verordnung

Machen Sie nie eine 2. Verschreibung ohne sich Rechenschaft zu geben weshalb!
Solange der Patient noch in der Phase ist, wo er auf Ihre erste Gabe reagiert, ist eine 2. Verschreibung unvernünftig. Warten Sie, bis ein Stillstand eintritt oder Sie die Reaktion auf Ihre erste Verordnung aus dem Ver­lauf der Krankheit deuten können.
Für die 2. Gabe stellt sich neben der Frage nach dem richtigen Zeitpunkt die Frage nach dem richtigen Mittel. Im Prinzip gibt es folgende Möglichkeiten: A) dieselbe Arznei in derselben Potenz (Reaktion 1. 3. 4. 5, 8. 11)B) dieselbe Arznei in einer anderen Potenz (Reaktion 6. 7, Punkt 15)C) eine andere Arznei: ein Antidot zur 1. Gabe (Reaktion 2)D) eine andere Arznei: eine besser gewählte (Reaktion 6. 7, 10, 12)E) eine andere Arznei: ein Komplementärmittel (Punkt 13)F) eine andere Arznei: gegen ein anderes Miasma (Punkt 13)G) eine andere Arznei: eine Nosode (Punkt 14)

Zu welchem Zeitpunkt nun soll man die 2. Verschreibung machen?
Erst dann, wenn eine anhaltende Verschlimmerung wieder zu beobachten ist. Ge­hen Sie keine weitere Arznei während einem Stillstand, vielleicht hält die Besserung noch an. Selten wird ein Fall durch zu langsame Repetition un­heilbar, oft aber durch übereiltes Handeln.Der Potenzierungsgrad, den wir hei der zweiten und den weiteren Verschrei­bungen wählen, hängt von der Reaktion auf die erste Gabe ab. Im allgemei­nen aber gehen wir nach der Kent‘sche, Skala, der von J.T. KENT erprobten Stufenleiter, vor: die 2. Gabe wird auf derselben Potenzstufe wiederholt, dann folgt zweimal die nächst höhere Stufe, etc. Nach der C XM beginnt man wieder bei der C 30 oder C 200. Man kann in ge­wissen Fällen nach der C XM noch zweimal eine C 100000 verordnen, deren 5 Wirkungsdauer bei drei Monaten liegt.

Die folgenden Ratschläge für die 2. Verschreibung stammen von KÜNZLI

1.Keine Reaktion nach 35 Tagen
Nach 35 Tagen passiert nichts: zweite Dosis derselben Potenz, eventuell dritte Dosis auf nächst höherer Stufe (KENTsche Skala). Man könnte einwenden, dass auf diese Weise viel Zeit unnütz verstreicht. Oft (ca. 5-10% der Fälle) hilft aber erst die zweite oder dritte Gabe. Und es ist nichts ärgerlicher, als sich später, nach einer missglückten Therapie. die Frage stellen zu müssen, ob nicht doch die 1. Arznei die richtige gewesen wäre. So verliert man jedenfalls mehr Zeit und Energie als mit einem systematischen Vorgehen. Erst wenn dann noch immer keine Reaktion eintritt, Arznei wechseln.

2. Andauernde Verschlimmerung
Was man tun kann, ist ein Antidot zu verabreichen (vgl. Kapitel 23). Es muss aber gesagt werden, dass ein Antidot desto weniger wirkt, je schlimmer der Zusammenbruch ist. Ein Beispiel da­zu: Ein Berner Sennenhund litt an Lymphosarkom.
Nach Verabreichung der Arznei wurden die Lymphknoten immer größer; keine Arznei konnte den Prozess wirklich umkehren. Es war unmöglich, eine Besserung zu erreichen, die länger als eine Woche andauerte. In Zweifelsfällen benutze man bei der 1. Gabe bei tierischen oder mineralischen  Arzneien eine C 30, bei pflanzlichen Mitteln höchstens eine C 200. Falls nun eine homöopathische Arznei als Antidot angewendet wird, sollte man bezüglich Potenzhöhe ebenfalls diese Regel einhalten und lieber versu­chen, mittels pflanzlichen Mitteln den Zusammenbruch zu stoppen als mit tierischen oder mineralischen.
Wenn es gelingt, die Aggravation zu stoppen, fahre man zunächst auf palliativem  Wege fort. Wenn sich die Lebenskraft soweit erholt hat, dass mit dem Simile weitergefahren werden kann, dann wähle man niedrige Potenzen, am besten sogar Q-Potenzen.

3. Lange Verschlimmerung, dann Besserung
Solange die Besserung an­hält, keine weitere Gabe. Erst wenn wieder eine anhaltende Verschlimme­rung zu beobachten ist, wiederhole man dieselbe Arznei in derselben Po­tenz. Weiterfahren gemäß KENT‘scher Skala. Allerdings muss davon abgewi­chen werden, wenn die Reaktion auf die 2. Gabe wiederum eine lang dauern­de Verschlimmerung ist. In diesem Fall wird solange dieselbe Potenz wie­derholt, bis keine lange Erstaggravation mehr zu beobachten ist.

4. Kurze Aggravation, dann Besserung
Weiterfahren gemäß KENT‘scher Skala

5. Besserung ohne Aggravation
Weiterfahren gemäß KENTscher Skala.

6. Anfängliche Besserung, dann Verschlimmerung
Falsches Mittel: warten Sie 35 Tage ab und geben Sie eine besser gewählte Arznei. Es ist wichtig, sich Zeit zu lassen, um wirklich sicher zu sein, dass das Mittel nur palliativ wirkte. Zweitens wird sich nach einer gewissen Zeit der ursprüngliche Krankheitszustand wieder einstellen, so dass die besser Zeit gewählte Arznei verabreicht werden kann. Ansonsten muss eine Arznei gesucht werden, welche den neuen Zustand abdeckt.Unheilbar: nach Möglichkeit 35 Tage abwarten, dann dieselbe Arznei auftieferer Stufe wiederholen, eventuell palliativ arbeiten.

7. Zu kurz dauernde Besserung
Falsches Mittel: Wechseln der ArzneiStörung der Wirkung: Grund ausschalten, dann wie üblich nach der KENT‘schen Skala arbeiten.Schwere Organschädigungen (siehe unter 6. Reaktion).

8. Symptome besser, Patient nicht besser
Hier gilt es wiederum abzu­warten, bis die Symptome sich verschlimmern. Dann gibt man das gleiche Mittel in der gleichen Potenz. Dann fährt man weiter gemäß der KENT´schen Skala.

9.Arzneimittelprüfungseffekt
Solche Patienten sind mit homöopathischen Arzneien schwierig zu behandeln. Versuchen Sie es mit tiefen Poten­zen, d.h. gehen Sie nie über eine C 200 (bei mineralischen Arzneien evtl. nur bis zu einer C 30). Aber auch so werden Sie selten eine Heilung erreichen. Ei­ne Möglichkeit wäre hier eventuell die Anwendung von Methoden der tradi­tionellen chinesischen Medizin. Als weiterer Tip: im Svnthetischem Reper­torium (11/365) findet sich eine Rubrik Medicaments, oversensitive to high potencies. Aber wie gesagt, solche Patienten sind homöopathisch oft unheil­bar. Sie kommen allerdings auch sehr selten vor.

10. Neue Symptome
Unbedeutende Symptome: abwarten, bei Verschlimmerung gleiche Arznei in gleicher Dosis (KENTsche Skala).
Gewichtige Symptome: auch hier sollte nicht vor Ablauf von 35 Tagen ein neues Mittel gegeben werden, es sei denn, die neuen Beschwerden sind sehr störend. Wenn Sie nicht bis zum Verschwinden der Symptome warten, dann müssten Sie den momentanen Krankheitszustand therapieren, also neue und alte Symptome gleichermaßen zur Mittelfindung beiziehen.

11. Frühere Symptome kehren zurück und bleiben
Wenn möglich sollte man diese Symptome spontan ablaufen lassen. Nur wenn die wieder aufge­tretenen früheren Symptome wirklich sehr lange anhalten (sechs Monate), darf das Mittel wiederholt werden (dieselbe Arznei in derselben Potenz).

12. Falsche Richtung der Symptome
Der Fall muss nochmals gründlich studiert werden. Dann wird ein besser passendes Mittel gegeben (vgl. Punkt 6, 5. 199).
Die weitere Behandlung Der wichtigste Grundsatz - es sei wiederholt - ist der, dass man nie in eine Besserung hinein etwas verordnen darf. Es versteht sich von selbst, dass die unter 2. Verordnung angegebenen Richtlinien analog auch auf jede weitere Verschreibung angewandt werden können. Als Spezialfälle seien noch fol­gende Reaktionen erwähnt:

13. Nicht alle Symptome verschwinden
Die Therapie verläuft gut, aber einige Symptome verschwinden nicht. Erst gewählte Arznei repetieren, bis sie nichts mehr bewirkt. Wenn dann nach zwei Potenzierungsstufen (KENT`sche Skala) nichts mehr geschieht, dann können Sie die Arznei wech­seln. Dabei haben Sie zwei Möglichkeiten: Ein passendes Komplementär­mittel (siehe Kapitel 23), oder eine Arznei gegen eine andere Diathese (Psora, Sykose, Syphilis). Überlegen Sie jeweils, ob die verbliebenen Sym­ptome auf eine andere Diathese hinweisen, und geben Sie, wenn ja. ein ge­gen dieses chronische Miasma gerichtetes Medikament.
Ein Beispiel: Ein Deutscher Schäferhund mit Pemphigus, Angst vor Gewitter, wechselndem Durchfall. Warzen und rheumatischen Beschwerden wurde erfolgreich mit Sepia behandelt. Auch nach drei Jahren waren aber Warzen und Rheuma noch vorhanden, was als Zeichen für Sykose gedeutet wurde. Mit dem pas­senden Homöosykotikum (Thuja ) verschwanden nach einer einzigen Gabe diese Warzen sowie die rheumatischen Beschwerden.
Später brauchte das Tier wieder Sepia.

14. Das richtig gewählte Mittel wirkt nicht mehr
In solchen Fällen ist an die Verabreichung einer Nosode zu denken. Geben Sie die aufgrund der Symptome am besten passendste.

15. Q-Potenzen
werden angewendet, wenn man allopathische Medikamen­te nicht absetzten kann oder eine Erstaggravation äußerst unangebracht ist. Q-Potenzcn werden solange gegeben bis eine Verschlimmerung eintritt, man nennt diese Art der Aggravation Spätverschlimmerung. Auch Q-Poten­zen werden in einer steigenden Reihe verordnet: Q1 - Q2 -  Q3 - Q4 - etc.. Nach einer Spätaggravation wird das Vergehen derselben abgewartet und dann mit Einzelgaben (C-Potenzen) die Therapie weitergeführt!

Verordnungs und Potenzierungstabelle

Potenz Wiederholung Mindestwirkungsdauer
C 30 2 x 35 Tage
C 200 2 x 35 Tage
C M (1000) 2 x 35 Tage
C XM 2 x 35 Tage
C CM 2 x 90 Tage
Nach der C XM beginnt man wieder bei der C 30 oder C 200. Man kann in gewissen Fällen nach der C XM noch zweimal eine C 100`000 verordnen, deren Wirkungsdauer bei Drei Monaten liegt!

Ihr Michael Kraft