Vogelgrippe

Vogelgrippe

Vogelgrippe auch bei Hunden?

Alle Fleischfresser scheinen sich an H5N1 infizieren zu können
Mieze hinter Schloss und Riegel, Bello an die Leine. Seit die Vogelgrippe Deutschland - und vergangenes Wochenende auch das geflü­gelreichste Bundesland Niedersachsen -erreicht hat, ist für Katzen und Hunde in den betroffenen Gebieten Schluss mit Streunen und Tollen.

Innerhalb der Sperr- und Schutzzonen um H5N1-Fundorte gilt Hausarrest oder Leinen­pflicht. „Grundsätzlich besteht kein Anlass zu Panik, aber zu erhöhter Aufmerk­samkeit", heißt es in der entsprechenden Mitteilung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau­cherschutz.
Auch Haustierhalter jenseits der jeweiligen Zehn-Kilometer-Gürtel sollen ihre vierbeinigen Lieblinge genau beobachten.

Tatsächlich beschränkt sich das Virus nicht auf Vögel.
Dass sich Groß- und Haus­katzen, in seltenen Fällen auch Schweine mit H5N1 anstecken können, ist schon seit einigen Jahren bekannt. Al­lerdings haben die­se Tiere bislang keine wichtige Rol­le bei der Verbrei­tung des Erregers ge­spielt.

Wachsamkeit ist dennoch angesagt.
Denn das Virus verändert sich ständig und hat längst eine beachtliche Familie unterschiedlich gefährlicher Verwandter aufgebaut, wie jüngst eine genetische Studie chinesischer und amerikani­scher Forscher ergab.

Der Umbau des Virus geht unaufhör­lich weiter.
Jede Veränderung der Umge­bung, jeder neue ,Wirt" führt auch zu neuen Varianten. Die allermeisten enden im evolutionären Abseits und bringen keine zusätzliche Gefahr. Dass es aber durchaus zu unangenehmen Überra­schungen kommen kann, zeigte sich 2004.

Ob Beagles oder Bulldoggen - nie wa­ren bis dahin Hunde mit einer echten In­fluenza-Infektion entdeckt worden. Zwar lief ihnen mal die Nase, oder es plagte sie der Husten. Dahinter aber steckte zu­meist eine Doppelattacke des Parainflu­enza-Virus (das nur wie ein Grippe-Erre­ger heißt, aber keiner ist) und eines lästigen Bakteriums namens „Bordetella bronchiseptica". Bello japste und keuchte ein, zwei Wochen, dann war der „Zwin­gerhusten" überstanden.

Lebensbedroh­lich wurde die fälschlich auch schon mal als „Hundegrippe" bezeichnete, hoch an­steckende Infektion so gut wie nie.
AN ZWINGERHUSTEN glaubten anfangs auch die Besitzer der fürs Renngeschäft abgerichteten Greyhounds, die es im Ja­nuar 2004 in Florida erwischte. Als je­doch etliche der sprintstarken Windhun­de am Blut in ihren Lungen erstickten, kamen erste Zweifel auf.

Tatsächlich wa­ren die Greyhounds die ersten bekannten Hunde, die je einem echten Influenza-Vi­rus zum Opfer fielen. Wie Laboranalysen zeigten, hatten sie sich mit einem Erreger vom Typ H3N8 infiziert. Eine einzige Veränderung im Erbgut dieses Virus hatte genügt, um es auf dem gemeinsamen Renn­platz von den Pferden auf die Hunde überspringen zu lassen, wie die Analysen weiter ergaben. Zu­dem wurde die Ar­tengrenze dabei sehr erfolgreich überwunden.

So hat sich die nun echte Hundegrippe bereits über ein Drittel der US-Bundesstaaten verbreitet. Praktisch  jeder Kläffer, der es mit dem Erreger u tun bekommt, steckt sich auch an.

Etwa 80 Prozent erkranken :
Bis zu zehn Prozent der Tiere sterben an einer mit schweren inne­ren Blutungen verbundenen Lungen­entzündung. Solche Fälle waren auch schon bei grö­ßeren Epidemien des Zwingerhustens be­obachtet worden. Oder war es schon da­mals gar kein Zwingerhusten?

Konser­vierte Proben zeigen jedenfalls, dass es auch schon vier Jahre zuvor H3N8-Infektionen bei Hunden gegeben hat. Bemerkt hat sie damals allerdings niemand.Herrchen oder Frauchen haben sich bislang offenbar nicht bei ihren Hunden mit H3N8 infiziert. Und auch sonst ist kein weiteres Überspringen auf eine an­dere Art bekannt. Nichts deutet also der­zeit auf eine direkte Gefahr für den Men­schen hin. Trotzdem ist dieser Vorfall be­merkenswert, zeigt er doch, zu welch un­erwarteten Anpassungen und Sprüngen das Influenza-Virus fähig ist.

Die zweite Lektion:
Eine Art, die sich heute nicht oder nur schwer anstecken kann, fällt der Influenza vielleicht schon morgen zum Opfer. Da Hunde bis 2004 als gänzlich un­empfänglich für die Grippe galten, wurde ihnen auch bei der H5N1-Epidemie bis­lang wenig Aufmerksamkeit geschenkt. So gibt auch das Vogelgrippe-Informati­onsblatt des Friedrich-Loeffler-Instituts für Tierseuchenforschung nur die knappe Auskunft: „Eine Erkrankung von Hunden ist bis jetzt nicht bekannt."

Aber vielleicht eine Infektion ?
Bereits im Oktober 2004 teilte das thailändische  Gesundheitsministerium den übereinstimmenden Befund zweier Labors mit:
In der von der Vogelgrippe schwer heimgesuchten Provinz Prachin-buri war ein toter Hund positiv auf H5N1-Antikörper ge­testet worden. Am nächsten Tag wurde zurückgerudert: Eine Probenverwechsl ung habe zu dem Resul­tat geführt. Es könnte allerdings noch ei­nen anderen Grund für die Kehrtwende gegeben haben:
Wie damals berichtet wur­de, hatte Thailands Premier Thaksin Shi-nawatra seinen Ministern kurz zuvor mit Entlassung gedroht, falls die Vogelgrippe nicht binnen vier Wochen aus dem Land verschwunden wäre.

BEIM JÜNGSTEN BEFUND war nicht von einer Probenverwechslung die Rede. Diesmal geht es auch nicht um einen Ein­zelfall.
Wissenschaftler des Bangkoker Nationalinstituts für Tiergesundheit haben in der Provinz Suphanburi 629 streu­nende Hunde und 111 Katzen auf Spuren des Vogelgrippe-Erregers untersucht. Bei acht Katzen fanden sie Antikörper vom Typ H5N1 - und bei 160 Hunden. For­scher wie Albert Osterhaus von der Rot­terdamer Erasmus-Universität, einer der international führenden Vogelgrippe-Ex­perten, zeigen sich beeindruckt von die­ser Zahl und fordern dringend weiterge­hende Untersuchungen.
„Wir haben hier eine Lücke in unserer Überwachung", sagt Osterhaus. „Im Grunde scheinen alle Fleischfresser für das Virus empfänglich zu sein."Eine verlässliche Bewertung dieser neuen Befunde fehlt bislang. Allerdings besteht zumindest hierzulande keine er­höhte Gefahr. Die angeordneten Schutz­maßnahmen sollten aber in jedem Fall eingehalten werden, ist doch nun offen­bar klar, dass auch Hunde das Virus auf­nehmen können. Und genug Gründe für Hygiene beim Umgang mit den lieben Viechern gab es auch schon vor der Vogelgrippe.