Iffy ist weg

Iffy ist weg

Freier Bericht von Michael Kraft

Iffy ist weg!

Es geschah im Monat Mai, des Jah­res 1996:

Wie seit Jahren Brauch und Sitte, fuhr ich auch an diesem Samstagvor­mittag mit einem Teil meiner Chihua­huameute (an diesem Tag mit 4 Stück), zum Schloßpark nach Rastatt. um in diesem dort eine Runde mit meinen Hunden zu drehen.
Sie haben an diesem Ort immer wahnsinnig viel Freude, ist diese Parkanlage doch Treffpunkt vieler Hundefreunde und Ihrer Vierbeiner. Es gibt selbstver­ständlich viel zu schnuppern, zu be­grüßen und jede Menge Platz um her­um zu tollen.

Meine 4 Begleiter (Joki natürlich dabei) sind immer ganz aus dem Häuschen, wenn Sie schon erkennen können. dass das Rastatter Schloß, mitten in dieser großen Anlage immer näher er­scheint.
Gegen 10:.30 Uhr sprangen meine Chihuahuas vom Parkplatz aus dem Auto und trabten voller Vorfreude in den Vorpark. mit großem Baumbe­stand hinein. Auf der Hauptanlage, welche links und rechts von Rosen und anderen Blumenquadranten um­säumt ist, hat man einen weiten Über­blick, um andere Hunde und deren Besitzer rechtzeitig zu erkennen und bei Bedarf genügend Zeit, seine Hun­de zurück zu pfeifen.

Wir liefen ca. 10 Minuten. als ich etwa 100 Mt. entfernt, einen jungen Mann mit seinem schwarzem Mischlingshund sah, der uns entgegen kam. Meine Hündin lffy, die damals riesige Angst vor schwarzen unbekannten Hunden hatte, war etwa 10 mtr vor mir und hatte diesen, bedingt durch intensi­ves Hin und Her Schnuppern noch nicht bemerkt. Also rief ich ihr zu, um sie zurückzu­beordern.
Als Sie durch meinen etwas schärferen Ton erschreckt aufsah, blickte sie nach vorn und erkannte einen ihrer schwarzen „Todfeinde“. Sie trollte sich, machte kehrt und raste davon und bog kurz vor mir rechts ab, zwischen die hohen Rosenbüsche.
Auf einmal hörten mei­ne 3 restlichen Begleiter und ich einen schrillen Aufschrei unserer lffy!

Wir rann­ten hinterher und sahen dort um die Ecke, an einer Sitzbank festgebun­den, einen riesigen, tiefschwarzen Mastino sitzen. Ich sah noch wie lffy zwischen den hohen Hecken, die den Schloßpark umrandeten, verschwinden, um sich darunter zu verstecken. Joki, Wolfi und Desiree griffen in der Zeit den schwarzen Mastino an und um­zingelten ihn mit wütendem Gebell und Scheinangriffen.
Gott sei Dank war dieser festgezurrt, behielt die Ruhe und saß nur still da. (Keine Ahnung wo der Besitzer sich herumtrieb und warum Dieser seinen Hund dort allein zurück ließ).

Mein erster Gedanke war, erst einmal mei­ne freien Hunde einzufangen, einmal um Schlimmeres für meine Drei zu vermeiden, und um dann meine lffy, die wie ich glaubte, sich vorerst sicher unter einer der gro­ßen Hecken verkrochen hatte, wieder hervor zu holen.

Gesagt - getan. Ich schnappte mei­ne 3 Raubbestien, verfrachtete sie im nur wenige Meter entfernten Auto, schloss ab und suchte und rief nach lffy. Ich suchte natürlich zuerst an der Stelle, an der Sie untergetaucht war, aber vergebens! Sie war weg!
Ich rief, ich pfiff, ich schrie, ohne Erfolg!  lffy war und blieb weg. Eine ½ Stunde ver­ging, eine Stunde verging! Langsam stieg Panik in mir auf! So etwas konn­te doch nicht mir passieren!
So etwas hört und liest man von anderen. un­aufmerksamen Tierbesitzern. aber doch nicht mir!

Meine Gedanken nahmen immer schrecklichere Formen an, zudem die nahe Bahnhofstraße, bedingt durch den langen Samstag, auch noch ziemlich stark frequentiert war. Ich sah lffy in Gedanken schon überfahren im Straßengraben liegen. Schrecklich!!
Auf der weiteren Suche machte ich 3 Penner ausfindig und  auf die Frage, ob sie vielleicht meine kleine Hündin gesehen ha­ben, bejahten sie dies und beschrie­ben mir glaubhaft das Aussehen von lffy und - mir stockte der Atem:

So erzählten sie, dass lffy über die Haupt­straße (Bahnhofstasse) rannte, und die rechts und links vorbei kommenden Autos nur mit Vollbremsung ein Überfahren vermeiden hatten können, und dass Sie vergebens versucht hatten, lffy einzufangen.
Auch das noch, dachte ich, die Bilder im Kopf vor mir sehend, wo sich lffy von keinem frem­den Menschen anfassen ließ, ge­schweige denn einfangen. Ja, Ja er­zählten diese Drei weiter, Iffy sei dann auf der Bahnhofstraße entlang, Autos ausweichend, in Richtung Bahnhof gerannt.

Meine schrecklichen Gedanken, vom überfahrenden, im Straßengra­ben liegenden Hund, wiederholten sich immer eindrucksvoller, und ich rannte die etwa 2 km lange Straße auf und ab. Ich schaute in jeden Hinterhof, hinter jede Tonne, Hecke, Baum und Busch. Ich wusste vorher überhaupt nicht, wie vie­le Hinterhöfe es in der Bahnhofstraße gab! Es waren Unzählige. Ich ging in jedes Geschäft, schaute unter alle Autos, fragte jeden Passanten! Niemand hatte was gesehen, bemerkt oder ge­hört. Ich war dem Verzweifeln nahe. Immer wieder rannte ich zurück zum Auto, in der Hoffnung, dass lffy dort war (denn jeder Hund der einmal ver­schwunden ist, kehrt zu seinem Aus­gangspunkt zurück). Doch verge­bens! Iffy war nicht da!

Ich telefonier­te von einem Geschäft aus, rief und bat meine Schwägerin und Freunde die in de Nähe wohnten, um Hilfe. Sie kamen. Wir suchten aufgeteilt, noch einmal im Schloßpark, am Bahnhof, am nahen Flussdamm und immer wie­der in den Hinterhöfen. Wir befragten nochmals die 3 Chlochards. Sie wie­derholten unabhängig voneinander Ihre Beobachtung
Iffy rannte über die Straße, die Autos bremsten, sie rann­te Richtung Bahnhof! Mittlerweile waren 4 Stunden ver­gangen. Mein Körper war ausgedörrt, die Kehle trocken vom Rufen und Pfeifen. die Füße schmerzten und meine 3 restlichen Chihuahuas waren immer noch im Auto. Vielleicht lag Iffy darunter und traute sich nicht hervor? Runterkriechen von vorne von hinten, von links und von rechts. Alles verge­bens! Ich muss zuerst meine 3 kleinen Begleiter nach Hause bringen, war mein nächster Gedanke!

Meine Schwägerin versprach mir, sich nicht vom Fleck des Parkplatzes zu bewe­gen. Ich ließ meinen Mantel als ver­trauten Geruchsfleck zurück und sau­ste los. Nach 40 Minuten war ich mit Verstärkung, in Form meiner Schwie­germutter, zurück auch mit der Hoff­nung, dass Iffy in der Zwischenzeit auf­getaucht war.
Aber nein, sie war nicht da. 1,5 Itr. Mineralwasser hatte ich un­terwegs nach Rastatt getrunken. Ich konnte wieder rufen und pfeifen. Die Suche begann von neuem. Verstärkt noch von radfahrenden Kindern, die in der Umgebung spielten, und die ich ansprach.
Unser Suchgebiet wurde ausge­weitet, aber ohne Erfolg! Inzwischen waren seit dem verschwinden von Iffy, sage und schreibe 5 ½ Stunden ver­gangen. Der Verkehr ließ nach, die Geschäfte hatten geschlossen, und meine Hoffnung war auf den Null­punkt gesunken.

Wo war lffy? Was ist aus Ihr gewor­den?
Sie lag nirgends im Straßengra­ben. Das gab mir zunächst wieder etwas Hoffnung. Aber viefleicht war Sie doch angefahren worden und hat sich schwer verletzt irgendwo verkro­chen und lag im Sterben? Noch einmal hetzte ich zum Bahn­hof. Suchte im kleinen Park dort unter Bäumen und Büschen. Nichts!
In mei­ner Not, - auf dem Weg zurück zu meinem Auto, schon mit dem Gedan­ken vertraut, die Nacht in bzw. neben meinem Auto zu verbringen, betete ich zu meinem kürzlich (2 Monate zu­vor) verstorbenem Bruder, Manfred!
Manfred, sagte ich, Manfred bitte hilf mir, meine lffy wieder zu finden, Ich verspreche Dir, hoch und heilig, lffy nie wieder in den Schloßpark mitzu­nehmen, so gern Sie das auch tut. Manfred, nie wieder! Aber bitte hilf mir, hilf mir meine lffy wieder zu bekom­men!

Ob sie es glauben, oder nicht -  den letzten Gedanken gerade ausge­dacht, erschöpft an meinem Fahrzeug ange­kommen, kam plötzlich ein kleines rotes Auto angefahren. Am Steuer ein junger. schnauzbärtiger Mann. "Hallo", rief er, "hallo, - suchen Sie etwas Be­stimmtes?" " Ja", sagte ich," ich suche meinen kleinen 2 Jahre alten Chihua­hua"!  "Sieht er etwa aus wie ein kleiner Spitz und ist dunkelbraun mit schwarz?", erwiderte er." Ja, Ja", rief ich voller Erwar­tung. "Haben Sie ihn gesehen?" "Ja". sagte er. "Laufen Sie mal die Fußgän­gerzone runter. Links herum ist ein kleines Reisebüro. Dort geht es 3 Stu­fen hoch. Dort sitzt ein kleiner Hund in der dunklen Ecke!"

Ich bedankte mich und rannte los. Die entgegenge­setzte Richtung von der lffy gesehen wurde! Die viel belaufene Fußgängerzone, die lffy überhaupt nicht kannte und die wir auch schon abgesucht hatten. dann auch entgegen der Einbahnstra­ße, wo das Reisebüro war. Wie sollte sie dort hingekommen sein und dann noch heil? Wie soll das möglich sein?

Diese Gedanken in meinem Kopf. kam dich dem Ziel näher. Nun links herum, noch 3 Häuser weiter, dann stand ich vor dem besagten Reisebü­ro. Ruhig, ganz ruhig sagte ich mir. Vor der Treppe stehend, konnte man absolut nichts erkennen. Ich rief ganz vorsichtig: "Iffy bis du da?" Ging ruhig die drei Stufen hoch, schaute in die dunkle Ecke, und da saß sie!!
Mit ihren großen dunklen Augen sah sie mich an! Sie war es, Sie war es! Ich hob sie hoch, drückte Sie an mich und spurtete zum Auto zurück, um mich bei dem unbekannten jungen Mann zu bedanken.

Es waren höchstens 5-6 Minuten vergangen, seit er mich angesprochen hatte! Jedoch, er war ver­schwunden! Auch sein Auto war weg und niemand hatte ihn, mit Ausnahme von mir, je gesehen!

Ich frage Sie nun, meine lieben Hundefreunde, die sie diese Zeilen lesen:
Woher wusste er, dass ich einen kleinen Hund suchte? Woher wusste Er, wo lffy war, wo Iffy saß? Man konnte beim Vorbeigehen des Reisebüros und beim Betrachten des Schaufensters unmöglich Iffy sehen, noch erkennen!
Das Reisebüro machte um 14,00 Uhr Feierabend. Zu dieser Zeit war lffy bereits 3 ½ Stunden verschwunden!
Der junge Mann war weder im Reisebüro, auch dort nicht beschäftigt! Und beim Abschließen des Reisebüros am Samstagmittag, das hatten meine Recherchen ergeben, die ich am Montag darauf machte, saß lffy noch nicht vor der Tür!

Wie kam sie dort hin, und vor allem diese Strecke dort hin unbeschadet? Gibt es  ihn doch,  den lieben Gott, oder einen unsichtbaren Engel? Mein geliebter Bruder Manfred, ich Danke dir!

Geschehen am Samstag, den 04. Mai 1996!

P.S.: Ich habe mein Versprechen bis heute gehalten und werde es, so lange ich lebe auch tun: Ich war nie wieder mit meinen HUNDEN im Rastatter Schloßpark!
Ich habe bis dato, den jungen Mann nie wieder gesehen!

Michael Kraft, Beinheim